Rathaus St. Johann - Erinnerung an Johanna Kirchner und Willi Graf

Bronzebüsten von Johanna Kirchner und Willi-Graf im Saarbrücker Rathaus

Johanna Kirchner: 

Die Frankfurter Sozialdemokratin Johanna Kirchner flüchtete im Jahr 1933 vor der Nazi-Diktatur nach Saarbrücken. 

"An die 'Flüchtlingsfürsorge' im AW-Haus richtete sich auch die Frankfurter Sozialdemokratin Hanna Kirchner, als sie im Juni 1933 nach Saarbrücken kam. Unterkunft und Verpflegung zu finden, war für sie wie für alle anderen Flüchtlinge das Hauptproblem. Selten gelang es den Emigranten, mehr als Gelegenheitsarbeiten zu finden, da eine Arbeitsbewilligung an strenge Auflagen seitens der Reko geknüpft war. Hanna Kirchner hatte Glück. Aufgrund ihrer persönlichen Bekanntschaft mit Marie Juchacz fand sie Anstellung als Spülerin und Serviererin in deren Restaurant. Marie Juchacz, die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, war schon im Frühjahr 1933 mit ihrem Schwager Emil Kirschmann nach Saarbrücken geflohen. In der Bahnhofstr. 80 hatte sie ein Café eingerichtet, das sich bald zum Treffpunkt der einheimischen und emigrierten Antifaschisten entwickelte. Karl Retzlaw erinnert sich: 'Hier war es möglich, Zeitungen und Zeitschriften zu lesen und sich mit Bekannten und auswärtigen Besuchern zu verabreden. Doch war es nicht ganz gefahrlos. Gestapo-Spitzel fotografierten die Besucher ...'. Hanna Kirchner arbeitete hier bis zum Herbst 1934. Wohnung hatte sie zusammen mit zwei anderen Emigranten in der Dudweiler Landstraße gefunden." (1)

Johanna Kirchner konnte 1935 erst nach Forbach entkommen, wo sie eine Flüchtlingsberatungsstelle gründet. Ende 1939 wird sie in Frankreich interniert. 1942 wird sie an die Gestapo ausgeliefert, nach Deutschland verbracht und schließlich am 9. Juni 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. 

Heute erinnert nicht nur die Büste im Saarbrücker Rathaus an sie, sondern auch ein Stolperstein und eine Erinnerungsstele in der Saarbrücker Bahnhofsstraße 95. 

Willi Graf:

Willi Graf wurde 1918 als Kind einer katholischen Familie aus dem Rheinland geboren. Die Familie zog 1922 nach Saarbrücken, sodass Willi, obwohl in Euskirchen geboren, im vom Völkerbund verwalteten Saargebiet aufwuchs. Er war schon früh als Messdiener in der Gemeinde aktiv und schloss sich katholischen Jugendgruppen, wie dem Bund Neudeutschland, an. Ab 1934 wurde er Mitglied des Grauen Ordens, einem christlich-katholischen Jugendbund im Geiste und Erbe der bündischen Jugendverbände der 1920er Jahre. Das Jahr 1935 brachte die Saarabstimmung und damit den Anschluss des Saargebiets an Hitler-Deutschland. Trotz immensen gesellschaftlichen und politischen Drucks weigerte sich Graf seine religiösen und ethischen Überzeugungen aufzugeben. Nachdem er sich standhaft geweigert hatte, dem Erziehungssystem des NS-Regimes mit Hitlerjugend und anderen Parteiorganisationen für Kinder und Jugendliche beizutreten, wurde er 1937 zum Reichsarbeitsdienst (RAD) verpflichtet. Sein Engagement im Grauen Orden wurde 1938 mit einer Haftstrafe geahndet, bevor er 1939, wie viele junge Männer seiner Generation, zur Wehrmacht eingezogen wurde, als der Krieg ausbrach. Als Soldat erlebte er verschiedene Gräueltaten, die an und hinter der Front verübt wurden. Dadurch festigte sich seine Überzeugung, aktiv gegen das Regime kämpfen zu müssen. In München kam er  in Kontakt mit der Widerstandsbewegung "Weiße Rose" um Hans und Sophie Scholl, mit denen er studierte. Er beteiligte sich aktiv, auch während seiner Kriegseinsätze, bis die Weiße Rose 1943 entdeckt und die Mitglieder inhaftiert wurden. Hans und Sophie Scholl wurden kurz nach ihrer Festnahme hingerichtet. Auch Graf kam in Haft, das Urteil wegen Hochverrats wurde jedoch nicht sofort vollstreckt, stattdessen wurde er gefoltert, um ihm weitere Informationen und Namen weiterer Beteiligter zu entlocken. Am 12.Oktober 1943 wurde er schließlich im Münchner Stadelheim-Gefängnis enthauptet.
Auf Wunsch seiner Familie wurde sein Leichnam 1946 von seinem ursprünglichen Beisetzungsort nach Saarbrücken überführt, wo er seitdem in einem Ehrengrab auf dem Alten Friedhof von St. Johann ruht.

Anlässlich der posthumen Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den Widerstandskämpfer Willi Graf im Jahr 2003 riefen der ehemalige Stadtverordnete Stefan Weszkalnys und der damalige Kulturdezernent Rainer Silkenbäumer eine Spendenaktion ins Leben, die die Aufstellung einer Bronzebüste von Willi Graf zum Ziel hatte. Diese Büste wurde vom Saarbrücker Künstler Hans Schröder geschaffen und am 21. Juni 2004 im Treppenaufgang des Rathauses St. Johann enthüllt. 

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